stück plastik
schaubühne berlin

2015 March

»Stück Plastik« hatte 25. April 2015 Premiere im Rahmen von F.I.N.D. 2015.

Text & Regie: Marius von Mayenburg
Bühne und Kostüme: Nina Wetzel
Musik: Matthias Grübel
Video: Sébastien Dupouey
Dramaturgie: Maja Zade
Licht: Erich Schneider
mit: Marie Burchard, Robert Beyer, Laurenz Laufenberg, Sebastian Schwarz, Jenny König

Michael und Ulrike brechen zusammen. Die Arbeit wächst ihnen über den Kopf, ihr Sohn beginnt viel zu früh zu pubertieren, und Haulupa, Ulrikes Chef, ein erfolgreicher Konzeptkünstler, dringt mit immer neu en Anforderungen ins labile Familienidyll ein. Eine Haushaltshilfe soll dem Paar nun den Rücken freihalten. Die junge Jessica wird zu diesem Zweck engagiert und schnell zum unverzichtbaren Bestandteil des Familienlebens. Sie räumt auf, wäscht ab, kocht, versorgt den Jungen und hat immer ein offenes Ohr für alle Sorgen der Eheleute.
Aber wer ist sie eigentlich? Hat sie das schon jemand gefragt? Und wie verhält man sich richtig, wenn man plötzlich Arbeitgeber ist, wo man sich sonst immer für die Rechte der sozial Schwachen einsetzt – auch in seiner künstlerischen Arbeit? Wie freundschaftlich darf so ein Arbeitsverhältnis werden? Würde man selbst für seine putzen? Und was schenkt man seiner Putzfrau zu Weihnachten? Geld? Schon, aber wieviel? Einen Stundenlohn? Tageslohn? Wochenlohn? Monatslohn? Ab welcher Summe wird das Geschenk erniedrigend? Oder soll man einfach großzügig sein, jeder Mensch freut sich schließlich über mehr Geld mehr als über weniger?
Irgendwann wird auch Ulrikes Chef, Serge Haulupa, auf die attraktive Jessica aufmerksam und will sie als Performerin für seine Installationen. Sie soll das tun, was sie beruflich sowieso jeden Tag macht – unhygienische Orte reinigen. Diesmal allerdings vor Publikum. Die Grenzen zur Demütigung sind fließend, aber schließlich handelt es sich ja um Kunst. Oder?

Auf der Musikebene stehen thematisch gewählte bekannte Popsongs im Vordergrund, die ich gemeinsam mit Jenny König (spielt Jessica Schmitt) erarbeitet und produziert habe. Jenny singt die Lieder in den Szenen auf der Bühne live. Der Sound der Stücke spiegelt Ästhetik und Ideenwelt des Abends und transferiert die Originale weg vom Original in unsere “Plastik”-Welt.

“Und dann gibt es, das verrät die Tragödie am klarsten, so etwas wie ein Ort der Wahrheit, nämlich die Musik. Die Putzfrau singt Covers, von Adele über Britney Spears bis Eurythmics ganz am Schluss. Jenny König macht das toll, in schön queren Elektro-Arrangements. Aber die Wahrheit bei der Putzfrau, die Musik als Wahrheit, das ist halt auch Kitsch.”
Deutschlandfunk Kultur, April 2017.

Foto: (c) Arno Declair